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Raus aus der Deckung - Unternehmen auf LinkedIn präsentieren

Seit Mitte des Jahres nutzt .bieker die Social Media Plattform LinkedIn aktiv zur Unternehmenspräsentation.

Im Doppelinterview sprechen der Fachjournalist und Baufluencer Eric Sturm und der Architekt und Unternehmer Peter Bieker über Öffentlichkeitsarbeit in der Architekturbranche, Verlockungen auf vier Pfoten und guten Content.

Das Interview führte Stefanie Boßmeyer.

Herr Sturm, wie schätzen Sie die Relevanz von Social Media für ein Architekturbüro ein?

ES: Sehr hoch. Es ist eine einfache Art, sich mit Mitteln, die man sowieso produziert, Sichtbarkeit zu verschaffen. Und durch die Quantifizierbarkeit von Followern, Likes, Beitragsansichten, Website-Besuchen etc., ist diese Form des Eigen-Marketings auch sehr gut messbar.

.bieker postet bei LinkedIn. Sind Sie involviert, Herr Bieker?

PB: Ja, wir haben entschieden aktiv zu sein. Ich mache das nicht selbst, was wohl auch gut ist. Meine erste Reaktion auf Vorschläge für einen Post ist nämlich immer „Nein“.

ES: Wenn sie die Post-Vorschläge lesen, was sind das für Dinge, die Sie stören?

PB: Ich sehe eine Tendenz, ganz viel posten zu wollen. Quantität, scheint der Schlüssel zu sein, um Reichweite zu erzielen. Dabei bleibt schnell auf der Strecke, welche Außenwirkung entsteht. Ich denke, es ist wichtig, da die Spur zu halten.

ES: Auf jeden Fall.

Können Sie ein Beispiel nennen für ein Veto von Ihnen, um die Spur zu halten?

PB: Wir hatten eine Bewerberin, sehr qualifiziert, die wollten wir eigentlich haben und dann fragte sie: „Kann ich meinem Hund mitbringen?“ Da hätte man die LinkedIn Community parallel auch über das Für und Wider eines Büro-Hundes diskutieren lassen können.

ES: (lacht) Da hätte ich auch „Nein“ gesagt.

PB: Sicherlich hätten wir dadurch Kommentare und Reichweite bekommen, aber ich möchte nicht als Büro wahrgenommen werden, das über Hunde diskutiert.

Stimmt es denn, dass allein die Quantität ausschlaggebend für die Sichtbarkeit ist?

ES: Tatsächlich ist es so, dass jemand, der nach dem uralten Analog-Motto „Willst du gelten, mach dich selten“ agiert, mit gezielt platzierten Posts sehr hohe Sichtbarkeit erreichen kann. Ich habe es selbst ausprobiert und es funktioniert. Weil unser Netzwerk wesentlich aufmerksamer auf jemanden reagiert, der Substantielles zu sagen hat, das aber dosiert tut, als auf jemanden, der als Dauer-Schwätzer täglich präsent ist.

Als Berater wäre also immer mein Rat, sich selbst treu zu bleiben und nur in dem Rhythmus zu posten, der zum Unternehmen passt. Ja, vielleicht würde der Algorithmus durch Quantität 10% mehr Follower anspülen. Wichtiger finde ich aber den Aspekt, dass die Selbstdarstellung passt. Was bringt es, wenn Sie zwar wahrgenommen werden, aber falsch?

Wer sich mit Social Media befasst, kommt um das Thema Algorithmus nicht herum. Was sollten wir Nutzer wissen?

ES: Belohnt wird alles, was die Leute auf der Website hält. Ein Social Media-Betreiber braucht aktive Nutzer, letztlich um Werbung wirksam platzieren zu können. Uns Nutzern bietet LinkedIn eine Austauschmöglichkeit, eine Plattform zur Kommunikation. Das ist kostenlos möglich. Aber wir agieren deutlich wirkungsvoller, wenn wir Inhalte präsentieren, auf die andere voraussichtlich reagieren werden. Das ist der Deal.

PB: Werbung ist ein gutes Stichwort. Ganz selbstverständlich schreiben wir auf unsere Website, dass man uns auf LinkedIn folgen soll. Aber, hey, niemand kam bisher auf die Idee, uns dafür zu bezahlen - obwohl wir definitiv Werbung für LinkedIn machen.

ES: Da müssen Sie wohl noch an ihrer Reichweite arbeiten … (lacht).

 

Reichweite zu generieren ist für eine Unternehmensseite schwieriger als für ein Personenprofil, weil Menschen lieber Menschen folgen als Unternehmen. Wäre das ein Grund, selbst aktiv zu werden, Herr Bieker?

PB: Nein, wirklich nicht. Ich sehe die Vorteile, gerade auch für ein Unternehmen. Und die Bildung einer Personenmarke wird gerade sehr gehypt. Aber diese Form der Kommunikation mit Herzchen, Daumen hoch, Multiplikator für Posts zu sein, kommentieren, ohne zu wissen, ob und wen das überhaupt interessiert, finde ich seltsam. Natürlich sage ich im direkten Gespräch gerne meine Meinung. Aber die muss ich ja nicht direkt öffentlich verkünden.

Herr Sturm, öffentlichkeitswirksam zu agieren gehört zu ihren Kernkompetenzen. Können Sie diese Einstellung dennoch nachvollziehen?

ES: Ja, und da ist Herr Bieker auch kein Einzelfall. In der Architekturbranche wird Öffentlichkeitsarbeit häufig noch mit angezogener Handbremse betrieben. Es gab vor Urzeiten ein Werbeverbot für Architekten, das sitzt offenbar tief. Und aus den 90er Jahren kenne wir noch den Spruch „Der Architekt wirbt mit seiner Leistung.“ - und die ist in gebauter Form in der Stadt oder auf dem Land zu besichtigen. Werbung war eher verpönt in der Branche.

Heute würde ich Architekturbüros immer empfehlen, Social Media zu nutzen. Tatsache ist: Es findet statt. Und nur wer aktiv wird, kann gestalten. Andernfalls wird man gestaltet. Das ist kein Spruch: Von jedem Unternehmen wird ein Account angelegt, sowie sich Mitarbeiter darauf beziehen. Zum Beispiel gibt es eine Seite der Architektenkammer Hessen auf LinkedIn. Und wer genau schaut, wird feststellen, dass die AKH diese Seite aber nicht angelegt hat, sondern LinkedIn.

Wie stark man das persönliche Profil nutzt, ist jedem selbst überlassen. Aber es stimmt: das Personenprofil ist ein starker Hebel und im Zweifel wirksamer als alles andere, jedenfalls wenn man es gut macht.

Der Deal ist guter Content für mehr Sichtbarkeit. Spannende Inhalte sind bei einem Architekturbüro sicher reichlich vorhanden, oder?

PB: Schwieriges Thema, denn über viele Projekte dürfen wir nicht berichten. Besonders beim Recruiting fiel das bisher auf, wenn die Bewerber ganz offensichtlich mit falschen Vorstellungen kamen. Auf unserer neuen Website versuchen wir deshalb, die Bandbreite unserer Tätigkeit ausgewogener darzustellen.

ES: Häufig wird vergessen, dass Außenstehende gar nichts über eine Firma wissen und auf Informationen regelrecht angewiesen sind. Auch Einblicke in Alltagssituationen können daher spannend und sehr aufschlussreich für Dritte sein.

In diesem Sinne werden wir also mit Spannung verfolgen, ob und wie viele Hunde bei .bieker durchs Büro toben.

PB: (lacht) So musste dieses Gespräch ja enden…

Herr Bieker, Herr Sturm, ich danke Ihnen ganz herzlich für das Gespräch.

Fotos: TAMMLAND Photography